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Im Sozialgesetzbuch versteckt sich in Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge eine tückische Falle, die das Leben von Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich erschwert und zum Begriff des „Phantomlohns“ geführt hat. Phantomlohn bedeutet für die Arbeitgeber mehr Sozialabgaben bei weniger Lohn – wie es dazu kommt, beschreibe ich Ihnen!

Das Sozialgesetzbuch, in dem die grundsätzliche Pflicht zur Zahlung von Sozialbeiträgen (Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmeranteil) geregelt ist, knüpft die Sozialversicherungsbeiträge nicht an die tatsächliche Lohnzahlung – so macht es die Steuer im Einkommensteuergesetz. Stattdessen bezieht es sich auf die arbeitsrechtlich geschuldeten Lohnbeträge. Da eine ganze Reihe von Gesetzen, wie zum Beispiel das Mindestlohngesetz, das Gesetz zur Regelung des Urlaubs, das Gesetz zur Regelung zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auch tarifvertragliche Regelungen, die teilweise Gesetzescharakter erlangen, diesen geschuldeten Arbeitslohn regeln, führt jede Falschberechnung des geschuldeten Lohns zu Sozialversicherungsnachforderungen. Eingefordert werden dann Sozialversicherungsbeiträge für den fiktiven Mehr-Lohn (der aber tatsächlich nie gezahlt wurde!).

Die Auswirkungen hiervon sind teilweise dramatisch und langanhaltend: Während der Gesetzgeber im Bereich des Arbeitsrechts durch kurze Verjährungsfristen von nur einem halben Jahr sehr schnell für Rechtsfrieden sorgt, tritt dieser Rechtsfrieden im Bereich der Sozialversicherung erst mit 5-jähriger Verjährungsfrist ein.

 Zur Darstellung der Konsequenzen die zwei folgenden Beispielfälle

Fall 1:

Ein Arbeitnehmer leistet neben seiner üblichen Arbeitszeit Überstunden, für die er auch ein zusätzliches Entgelt erhält. Im Falle von Urlaub oder Krankheit wäre eigentlich das Überstundenentgelt lohnerhöhend für die Zeit des Urlaubs beziehungsweise der Krankheit zu berücksichtigen. Dies geschieht jedoch nicht.

Was sind die Konsequenzen?

Ein Sozialversicherungsprüfer kommt zum Beispiel nach 3 Jahren und stellt diesen Fehler fest. Während die Ansprüche des Arbeitnehmers auf den Mehrlohn bereits verjährt sind, fordert die Sozialversicherung Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil auf den Phantomlohn (=geschuldeter Urlaubs- oder Krankheitslohn minus gezahlter Urlaubs- oder Krankheitslohn) nach. Da arbeitsrechtlich die Ansprüche des Arbeitgebers auf den Arbeitnehmeranteil bereits verjährt sind, muss der Arbeitgeber alles tragen. Hierdurch erhöht sich allerdings wiederum der Lohn des entsprechenden Mitarbeiters um diesen Arbeitnehmeranteil, der ihm im Normalfall abgezogen worden wäre, was wiederum zu Lohnsteuer- und zu Sozialversicherungsbeiträgen führt. Alles unendlich kompliziert und kostenträchtig!

Fall 2:

Noch viel schlimmer wird es, wenn durch die zusätzlichen Beiträge auf dem Phantomlohn Grenzen überschritten werden, an die bestimmte Vergünstigungen durch andere Gesetze geknüpft sind. Ein Beispiel ist die Grenze für pauschal versteuerte Löhne von Zweitjobs. Nehmen wir an, dass ein Arbeitnehmer neben einer Vollzeitstelle ein Zweitarbeitsverhältnis mit einem Lohn von 450 EUR hat. Nehmen wir weiter an, dass für diesen Arbeitnehmer fälschlicherweise kein bezahlter Urlaub gewährt wird beziehungsweise er trotz seines Anspruches auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall diese nicht erhält. Auch in diesem Fall komme ein Prüfer nach 3 Jahren und stelle dies fest.

Was sind hier die Konsequenzen?

Durch den Phantomlohn rutscht nunmehr der Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich über die Grenze, in der eine Pauschalierung zulässig ist, nämlich über die monatlich 450 EUR. Die nachträglich zu bezahlenden Sozialversicherungsbeiträge führen dann zur normalen Steuerpflicht des Zweiteinkommens. In diesem Falle wäre nicht nur der Arbeitgeber zusätzlich belastet, sondern auch der Arbeitnehmer, der seinen Lohn bisher ohne Kürzung bekommen hat. Er müsste nun nachträglich Lohnsteuer nach der Steuerklasse 6 auf den Betrag von 450 EUR leisten. Sein Nettoentgelt würde dramatisch sinken!

 

Insgesamt hat die Regelung des Sozialversicherungsrechts bezüglich der Sozialversicherungsanbindung an den geschuldeten Lohn teilweise schikanösen Charakter für die Beteiligten des Wirtschaftslebens. Natürlich sollten sich alle Beteiligten darum bemühen, dass gesetzlich geschuldete Beträge auch tatsächlich bezahlt werden. Jedoch ist es widersinnig, Fehler bei der Ermittlung des gesetzlich geschuldeten Lohnes mit derartig dramatischen Folgen zu belegen. Dies ist nach meiner Auffassung weder im Sinne des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers, die zumindest für die Vergangenheit ein beidseitiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Status Quo haben.

 

 

erstellt am: 30.07.2019 | von: Alfred Himmelsbach
Kategorie(n): Allgemein

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